Birgit Probost über den Betriebssport bei der service94 GmbH
service94: Frau Probost, seit sechs Jahren leiten Sie den Betriebssport bei service94. Ich stelle es mir schwierig vor, eine sehr heterogene Gruppe hinsichtlich des Alters, der Fitness und des Gesundheitszustandes gemeinsam zu trainieren.
Birgit Probost: Nein, schwierig ist es nicht. Betriebssport ist kein Leistungssport, wir wollen keine Olympiateilnahme. Mit dem gemeinsamen Sport können wir aber drei ganz wichtige Ziele erreichen. Die ersten beiden richten sich auf den Einzelnen: zum einen wird die körperliche Fitness und Gesundheit gefördert, zum anderen wird Stress abgebaut. Das kommt zunächst der Psyche zugute, aber letztlich natürlich auch dem Körper. Das dritte Ziel dient der Gemeinschaft. Die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander, aber auch die mit den Vorgesetzten erreicht durch den Sport ein neues Niveau.
Bei der Gymnastik stellt die Sekretärin fest, dass ihr Chef genauso schwitzt wie sie. Das verbindet. Es werden beim gemeinsamen Sport also nicht nur die eigenen Spannungen abgebaut, auch das Verhältnis zwischen dem Chef und seinen Mitarbeitern entspannt sich. Außerdem bewirkt die körperliche Bewegung positive Emotionen, die jetzt zum gemeinsamen Erlebnis werden und damit das Betriebsklima enorm verbessern können.
service94: Sie sagten einmal, dass Gesundheit ein sehr emotionales Thema sei, was meinten Sie damit?
Birgit Probost: Hinter gesundheitlichen Problemen steht oft ein seelisches Dilemma. Dadurch wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Sie beginnt mit Stress, der zu seelischen Defiziten führt, dann entwickeln sich psychosomatische Beschwerden, die sich überall im Körper äußern können. Angefangen von Kopfschmerzen und Nackenverspannungen über Magenleiden und Rückenschmerzen bis hin zu Hauterkrankungen. Die individuellen Schwachstellen des Körpers sind zuerst betroffen. Sport ist zwar kein Allheilmittel, aber wenn durch Sport Stress abgebaut werden kann, ist dies schon ein ganz großer Schritt in Richtung dauerhafter Gesundheit.
service94: Was bedeutet Gesundheit für Sie?
Birgit Probost: Gesundheit bedeutet Balance, Ausgeglichenheit. Ich benutze gerne das Bild vom „Haus der Balance“, das auf individuell verschiedenen Säulen steht, zum Beispiel dem Emotionalen, dem Sozialen, der Bewegung, der Entspannung und dem Job. Gerät eine Säule ins Wanken, steht das Haus schief. Wer etwa ungelöste Probleme im Job hat, wir auf Dauer keine stabile Gesundheit haben, selbst wenn er sich ausreichend bewegt.
service94: Wie schätzen Sie den Gesundheitszustand der Deutschen allgemein ein?
Birgit Probost: Dadurch, dass der Alltag stressiger wird und sich die Menschen gleichzeitig immer weniger bewegen, werden wir es zukünftig mit neuen Krankheiten zu tun bekommen. Allen voran das Burn-Out-Syndrom, das katastrophale Folgen haben kann. Aber auch der Alters-Diabetes, der bei Übergewicht und Bewegungsmangel inzwischen sogar Kinder betrifft. Bluthochdruck und alle mit Übergewicht assoziierten Krankheiten sind tragischerweise stark im Vormarsch.
service94: Sie haben das Burn-Out-Syndrom angesprochen. Ist Burn-Out eine Modeerscheinung oder eine ernstzunehmende Krankheit?
Birgit Probost: Burn-Out ist die Folge der geänderten Lebens- und Arbeitsbedingungen. Die Balance, die ich gerade angesprochen habe, ist massiv gestört. Besonders häufig sind drei Personengruppen betroffen: diejenigen, die nicht „nein“ sagen können, die „Weltverbesserer“, die nicht einsehen können, dass ihre Ansprüche nicht erfüllbar sind und die „Helferlein“; Menschen, die sich immer für andere verantwortlich fühlen und ihre eigenen Bedürfnisse ganz hinten anstellen.
service94: Und hier kann Sport helfen?
Birgit Probost: Sport oder einfacher Bewegung macht den Kopf frei und verhindert, dass die Probleme die Überhand gewinnen und das ganze Denken bestimmen. Wer sich täglich an der frischen Luft bewegt, tut sich und seinem Körper einen großen Gefallen. Könnte ich Gesetze machen, würde ich Betriebssport vorschreiben. Manchmal muss man die Leute zu ihrem Glück zwingen. Mein Wunsch ist es, dass die Menschen ihre Gesundheit ernster nehmen und sehen, was sie wirklich brauchen. Sie könnten damit jeden Tag ein kleines Stückchen weiterkommen, wenn sie etwas mehr Verantwortung für ihren Körper übernehmen würden.
Birgit Probost ist Geschäftsführerin vom PROfit Gesundheitsservice in Hannover und realisiert unter anderem gesundheitsunterstützende Maßnahmen für Unternehmen. Informationen unter: www.profit-gesundheitsservice.de